History


Vereinsgeschichte




 

Die Vereinsgeschichte des TV Conweiler wurde recherchiert und zusammengetragen anlässlich des 100-jährigen Jubiläums. Herzlichen Dank nochmals nach all den Jahren an den Chronisten – Jörg Bay.

Falls Du Anmerkungen zur Vereinsgeschichte hast, schreib’ uns! Gerne kannst Du auch weitere Informationen und Beiträge einreichen.

 

 

Vorbemerkungen

Die nachfolgende Chronik wurde aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums des TV Conweiler ausgearbeitet. Bei den Recherchen dazu konnten verständlicherweise keine Zeitzeugen aus den Anfangsjahren befragt werden. Daher war der Chronist auf schriftliche Unterlagen angewiesen ‑ ergänzt durch Berichte noch lebender Ehrenmitglieder, soweit diese zurück blicken konnten. Für die letzten ca. 50 Jahre konnte der Chronist eigene Erfahrungen einbringen. Der Zweite Weltkrieg hat in der Schluss-Phase auch in Conweiler Wunden geschlagen und auch alle Unterlagen über den Turnverein vernichtet. Dass es irgendwo noch Zeugnisse aus der frühen Zeit des Turnvereins geben könnte, ist nach so langer Zeit wohl auszuschließen. Erhalten blieben nur einige Bilder sowie die Satzung vom 7. Mai 1902. Ein Blick in das Archiv des „ENZTÄLER“ brachte aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg noch einiges Weniges zu Tage.

 

Die Gründung im Jahre 1902

Der 7. Mai 1902 ist wohl als Geburtstag des Turnvereins Conweiler zu bezeichnen. Interessant dabei ist, dass im Satzungsentwurf, der heute noch vorliegt und in akkurater Sütterlin‑Schrift ausgefertigt wurde, ein zweites Datum, nämlich das vom 20. Juni 1904 erscheint. Das ist ein Zeichen dafür, dass es noch zwei weiterer Jahre bedurfte, bis der Verein samt Vorstandschaft alle Formalien einer Vereinsgründung erfolgreich erledigt hatte. Der Turnbetrieb wurde aber bereits im Jahre 1902 aufgenommen. Dafür gibt es folgenden Beleg: Dem “Enz­thäler” vom 24. September 1902 ist in einem kurzen, nur dreißig Zeilen umfas­senden Bericht zu entnehmen, dass der Verein “im Sommer wacker gearbeitet habe”, dass er “bei seinem Schlussturnen am kommenden Sonntage sich zum erstenmal in der Öffentlichkeit zeigen” werde. Der unbekannte Schreiber im Jahre 1902 versäumte es nicht zu wünschen, dass sich das Turnen auch in Conweiler immer mehr Bahn brechen möge und dass die heute noch voreingenommen fernstehende Einwohnerschaft zu der Einsicht kommt, wie zweckdienlich diese Leibesübungen für unsere Jugend sind.“ Dieser Wunsch ging rasch in Erfüllung. Das Mitgliederverzeichnis vom 2. April 1905 wies schon 76 Mitglie­der auf, so dass beinahe jeder achte Einwohner des Ortes Mitglied im Turn­verein Conweiler war.

 

Strenge Sitten

Wie streng die Bestimmungen des neugegründeten Turnvereines waren, be­weist Paragraph 18 der damaligen Satzung, wo es unter anderem heißt: “Von jedem Vereinsmitglied wird erwartet, dass er sich einer ordentlichen Lebens­weise befleißigt; wer einen das Ansehen schädigenden (Lebens‑) Wandel führt, wird …vom Vorstand verwarnt und im Wiederholungsfalle ausgeschlossen.”

Der Turnverein gliederte sich nach seiner Gründung dem Unteren Schwarzwald‑Nagold‑Gau im Schwäbischen Turnerbund an; also dem Gau, dem er heute nach 100 Jahren immer noch angehört. Am Rande sei angemerkt, dass zum Vereinslokal das damalige Gast­haus zur “Sonne” (heute das Restaurant „Da Pino“) bestimmt wurde. In diesem Lokal war der Verein auch ge­gründet worden.

Die Vereinsarbeit war erfolgreich: Dies bewiesen die beiden “Erste‑Klasse‑Preise”, die die Vereinsriege im Jahre 1908 in Frankfurt am Main beim Bundesturnfest und im Jahr darauf in Heilbronn erringen konnte.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 brachte den Turnbetrieb ziemlich rasch zum Stillstand. Das Turnen, damals ja noch eine reine Männersache, wurde ersetzt durch eifriges Exerzieren. Am Ende des Ersten Weltkrieges im Jahre 1918 hatte der Verein 17 gefallene Mitglieder zu beklagen. Für das Jahr 1919 wird bezeugt, dass der Verein schon wieder 80 Mitglieder hatte. Es ist anzunehmen, dass zu diesem Zeitpunkt erstmals auch Frauen in den Verein aufgenommen wurden, hatten doch im Jahre 1919  auch Frauen zum ersten Mal in der deutschen Geschichte das Wahlrecht erhalten.

Das Jahr 1921 brachte mit der Fahnenweihe einen ersten Höhepunkt in der Geschichte des nun den Kinderschuhen entwachsenen Con­weiler Turnvereins. Dem folgte schon sechs Jahre später ein zweiter: Die Feier des 25jährigen Jubiläums.

Das Jubiläum im Jahre 1927

An drei Tagen, vom 6. bis 8. August 1927 wurde ein umfangreiches Fest­programm abgewickelt, “vom Wetter außerordentlich begünstigt”, wie der dama­lige Berichterstatter im “Enztäler” schreibt. Schon damals war die Zusammen­arbeit der Vereine in Conweiler gut, weiß der Berichterstatter zu schreiben, denn “die erst im Vorjahr gegründete Musikkapelle der Freiwilligen Feuerwehr, die in ihren neuen schmucken Uniformen einen recht guten Eindruck machte”, blies am Samstagabend den Zapfenstreich. Geben wir dem Berichterstatter des Jahres 1927 das Wort, um einen Eindruck von den Festlichkeiten zum 25‑jährigenJubiläum zu erhalten. In seinem Bericht geht er auf das Festbankett im Lokal zur “Sonne” näher ein, das “einen erhebenden Verlauf nahm”. Nach einem Prolog “begrüßte Vorstand Nonnenmann die Erschienenen, und dankte der Gauleitung, dass sie das Fest möglich gemacht habe. Er warf einen Rückblick auf die letzten 25 Jahre voll Freuden und Sorgen, aber der Turnerwahlspruch „Frisch – Fromm – Froh – Frei“ habe immer wieder über die Schwierigkeiten hinweggeholfen; er forder­te die Vereinsangehörigen auf, diesem Wahlspruch getreu auch künftig einig zu bleiben und brachte auf das weitere Gedeihen ein Gutheil aus. Gauvorstand Strohmaier (Schwann) überbrachte die Glückwünsche der Gauleitung und wies darauf hin, dass in unserer Gegend Turnen, Sport und Gesang verhältnismäßig spät Eingang fanden…; der Turnverein Conweiler habe sich auch die Pflege von Körperbildung und Turnergemeinschaft zum Ziele gesetzt; so werde jeder Turner ein guter Gemeinde‑ und Staatsbürger, denn in einem gesunden Leib wohne auch ein gesunder Geist. Die Gauleitung freue sich all des Schönen und Guten, das vom Turnverein Conweiler in den letzten 25 Jahren ausging zum Wohle der Gemeinde und des Staats. Nun überreichte Frl. Haußmann im Namen der Turnerinnenriege mit schönen Worten eine Turnerschleife.

Schultheiß Langenstein hieß die Gäste willkommen und führte u. a. aus, die Conweiler hätten immer innigen Anteil an den Geschicken des Turn­vereins genommen, sie nehmen auch an diesem Fest freudig Anteil und seien bemüht, dasselbe schön zu gestalten… Auch die Gemeindeverwaltung habe jeder­zeit dem Turnverein gerne gedient und sei ihm stets an die Hand gegangen…”

Tags darauf wurden Wettkämpfe abgehalten und „ein Festzug veranstaltet, welchen der Radfahrerverein und Musik eröffneten, der durch den festlich geschmückten Ort” zog. Ein Kinderfest am Montag schloss die Festfolge ab.

 

Niedergang des Turnens

Doch alle guten Wünsche, die beim 25 jährigen Jubiläum ausgesprochen wor­den waren, halfen in der folgenden Notzeit nicht viel. In den Jahren der Welt­wirtschaftskrise ‑ zeitweise war jeder vierte Erwerbstätige ohne Arbeit ‑ erlahmte die Vereinsarbeit sehr. Die beginnende Nazi‑Zeit tat ein Übriges: Ihr war der liberale Turngedanke sowieso äußerst suspekt. Nicht mehr der gute Gemeinde- und Staatsbürger war gefragt, sondern der Untertan nach dem Spruch „Führer befiehl – wir gehorchen“. Es wurden zwar noch Turn­feste besucht, die Konkurrenz des auch in Conweiler aufkommenden Fußballsportes aber wurde übermächtig. Das Vereinsvermögen ging an den damaligen VfL Conweiler über, der unter der Leitung von Lehrer Weber‑Sieb einen kräftigen Aufschwung nahm. Die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges tat ein Übriges: Die Menschen hatten andere Sorgen, und der Krieg und seine Folgen schlugen schwere Wunden.

Die Wiedergründung im Jahre 1956

Die Zeit des Nationalsozialismus und seiner Schreckensherrschaft in ganz Europa, die Kriegs‑ und die Nachkriegszeit waren nicht dazu angetan, den Turn­gedanken wieder aufkommen zu lassen. Jeder war bemüht, nach Krieg, Not und Gefangenschaft sich eine eigene Existenz wieder aufzubauen. So bedurfte es einer Initiative von Bürgermeister Renger, um den Turnverein, der mehr als 20 Jahre ruhte, wieder zum Leben zu bringen. Anstoß dazu war vor allem der Bau einer Turn- und Festhalle neben der neuen Schule am Burgweg.

Am 8. Dezember 1956 war es soweit: Unter dem kommissarischen Vorstand Paul Nonnenmann erfolgte die Wiedergründung. Einstimmig zum Ehrenvorstand gewählt wurde als Gründer  aus dem Jahre 1902 Eugen Dill. Erster Vorstand war Paul Nonnenmann, zweiter  Vorstand Gerhard Dill, Schriftführer Oberlehrer Hornberger, Kassierer Hermann Renschler. In den Ausschuss wurden gewählt: Karl Holzhäuser, Gustav Schraft, August Engelhardt, Fritz Faaß, Fritz Ziegler, Emil Scheurer. Das Amt des Turn­wartes übernahmen Otto Laupp und Ewald Bäuerle.

Vereinsgeschichte von 1957 bis 1977

Seit der Wiedergründung liegen alle wichtigen Unterlagen wie Protokoll‑ und Kassenbücher, Mitgliederlisten und anderes wieder vor. Schon am 7. April 1957 trat der Turnverein Conweiler mit einer großen Veranstaltung an die lokale Öffent­lichkeit. Die Meisterriege aus Stuttgart‑Münster, unter ihnen die Deutschen Mei­ster Erich und Theo Wied, begeisterten mit ihrem Bodenturnen und mit ihren Übungen an Reck und Ringen das Publikum. Im Oktober 1957 gab sich der Verein eine neue Satzung, und der Turnbetrieb in zwei Riegen wurde aufgenommen.

Das Jahr 1958 brachte mit den Jugendbesten-Wettkämpfen des Gaues die erste überregionale Veranstaltung nach Conweiler. In der Jahreshauptversammlung 1958 konnte Turnwart Ewald Bäuerle mit Stolz auf eine breite Jugendarbeit hin­weisen. Doch auch zu feiern verstand man: trotz einem (!) Meter Schnee, so die Protokollantin, wurde der Maskenball in der Turn- und Festhalle am 8. Februar 1958 ein rau­schendes Fest; besonders gefiel dabei eine Rutschbahn von der Empore auf die Tanz­fläche, von der der heutige Ehrenvorstand Eberhard Koch  immer noch schwärmt. Das Schlussturnen am 7. September 1958 zeigte in der Siegerliste ein stattliches Teilnehmerfeld, ein Beweis dafür, dass das Turnen im Verein eifrig gepflegt wurde.

Die Generalversammlung 1960 brachte keine Änderungen in den Wahlen, es wird jedoch über unpünktlichen Besuch der Turnstunden sowie über den Mangel an aktiven Turnern über 18 Jahre geklagt. Es scheint aus heutiger Sicht, dass das beginnende Wirtschaftswunder der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft ihre ersten Spuren auch in Conweiler hinterließ. Diese Klagen werden bis zum Jahre 1962 ständig wiederholt. Aus den schriftlichen Unterlagen lässt sich ent­nehmen, dass das 60 jährige Jubiläum des Turnvereins Conweiler im Rahmen des Schlussturnens 1962 gefeiert wurde, wobei die beiden noch lebenden Grün­dungsmitglieder Gottlieb Höll und Karl Bäuerle I im Mittelpunkt der Ehrungen standen.

Das Jahr 1964 brachte einen Wechsel in der Vereinsführung: Paul Nonnen­mann, der den Verein seit seiner Wiedergründung im Jahre 1956 geleitet hatte, stellte aus gesundheitlichen Gründen sein Amt zur Verfügung. So wählte die Mit­gliederversammlung am 29. Februar 1964 mit Werner Vischer einen jungen Mann zum Vorstand und Eberhard Koch zu dessen Stellvertreter.

Im Laufe der Jahre seit der Wiedergründung bis in die Achtzigerjahre hatte sich im Turnverein Conweiler beinahe ein Jahresgang von Veranstaltungen herausgebildet: Nach der General­versammlung im Februar oder März eines jeden Jahres, in der Bilanz gezogen wurde, folgte eine gemeinsame Mai‑Wanderung, zumeist am Himmelfahrtstag, dann die Teilnahme an den Wettkämpfen im Gau in den darauffolgenden Monaten. Im Juli oder August eines jeden Jahres ging es auf den Ausflug, und im Septem­ber beendet das Schlussturnen die Sommerarbeit. Den Jahresabschluss bildete der Familien‑Nachmittag, einst im “Waldhorn”, in den letzten Jahren wegen der gro­ßen Teilnehmerzahl des stark wachsenden Vereines immer in der Turnhalle abgehalten.

Das Vereinsschiff geriet im Jahre 1966 in etwas stürmischeres Fahrwasser. Werner Vischer gab das Vorstandsamt an Ewald Bäuerle ab; allgemein wurde die starke Abnahme der Beteiligung am Turnen ‑ sehr oft eine Folge des stark aufkommenden Fernsehens ‑ bedauert.  Frauen und  Jugendliche bildeten die Stütze des Turnbetriebes; an eine Wettkampfteilnahme war nicht mehr zu den­ken. Pessimisten warfen in der Generalversammlung am 6. April 1968 sogar die Frage nach der Auflösung des Vereines auf, ist doch das rein turnerische Angebot nicht mehr zeitgemäß. Doch soweit kommt es nicht, im Gegenteil, es gelingt im Laufe des Jahres 1969, wieder ein Knabenturnen einzurichten und das Mädchenturnen weiter auszubauen. So spricht der Bericht­erstatter im Enztäler von “Aufwärtstendenzen im Turnverein Conweiler” und von “vorsichtigem Optimismus”, den der Turnverein Conweiler in seiner Jahreshaupt­versammlung 1971 gezeigt habe. Neu in das turnerische Angebot wird in diesem Jahr das Mutter‑und‑Kind‑Turnen aufgenommen.

Das Jahr 1972 brachte mit Eberhard Koch als neuem Vorstand eine gewisse Wende im Vereinsgeschehen. Der Turnverein nahm wieder an Gauwettkämpfen teil, alle Abteilungen meldeten einen Mitgliederzuwachs. Am 15. April 1973 veranstaltete der Verein erstmalig seit langer Zeit wieder ein Schauturnen, in dessen Mittelpunkt die Leistungs­gruppe Söllingen der Schülerinnen steht, die kurz zuvor Süddeutsche Vizemeister 1973 geworden waren. In der Turnarbeit ist ein weiteres Positives zu erwähnen: Erstmals gelingt es den beiden Knabenturnwarten Peter Rüdel und Otto Laupp, eine Fördergruppe aus der Vereinsjugend aufzustellen, die zweimal in der Woche trainiert, eine Voraussetzung für das Kunstturnen, ein Vorläufer für die später einsetzende Entscheidung zur Schaffung der Kunstturnvereinigung Straubenhardt (KTV), die aus Aktiven der drei örtlichen Turnvereine des neu entstandenen Gemeinwesens Straubenhardt bestehen wird. Ebenso wird ab Sommer 1974 ein Jedermanns-Turnen eingerichtet, so dass der Turnverein  in 6 Übungs­gruppen über 120 Aktive zählt.

 

Das 75jährige Jubiläum im Jahre 1977

Einen Höhepunkt im Vereinsleben des Turnvereins Conweiler stellten die Festlichkeiten zum 75jährigen Jubiläum im September 1977 dar. Noch heute schwärmen nicht nur der Chronist, sondern viele, die damals mimachten, davon, wie der Turnverein im Zeichen bester Kameradschaft ein großes Jubiläum veranstalten konnte. In über viele Monate hinweg wöchentlichen Sitzungen beriet der Turnrat, der so zugleich als Festausschuss diente, alles Notwendige und sorgte so für einen gelungenen Ablauf des gesellschaftlichen wie des sportlichen Teils beim 75jährigen Jubelfest.

1977 bis 2002: Vom der Vereinsfamilie zum Familienverein – Der Turnverein im Zeichen von Wandel und Kontinuität

Die 25 Jahre seit 1977 haben den Turnverein Conweiler völlig verwandelt. Von der überschaubaren Vereinsfamilie der Siebzigerjahre ging der Weg zum mitgliedermäßig größten Straubenhardter Verein mit etwa zwanzig verschiedenen Abteilungen. Maßgebend für diese Entwicklung waren wohl drei Gründe:

  1. Der Ausbau der 1974 geschaffenen neuen Gemeinde Straubenhardt geschah mit einer nicht vorhersehbaren Geschwindigkeit. Gemessen an den Einwohnerzahlen verdoppelten sich die Ortsteile Schwann und Conweiler innerhalb von dreißig Jahren. Viele Zugezogenen werden im Verein aktiv, schickten ihre Kinder zum attraktiven Freizeitangebot des TVC. Besonders starken Zuzug erhielt der Verein aus Langenalb, wo es keinen Turnverein gibt; aber auch aus den anderen Ortsteilen des langsam zusammenwachsenden Straubenhardts kamen mehr und mehr Mitglieder.
  2. Das Angebot des Turnvereins – bis in die frühen Siebzigerjahre gab es nichts anderes als das Turnen und die Frauen-Gymnastik – wurde modernisiert. So weist die seit 1989 alljährlich liebevoll und informativ hergestellte Vereinszeitung bereits im Jahre 1992 folgende Sportarten auf, die in 20 (!) Abteilungen verschiedenster Altersklassen gepflegt werden: Mutter- und Kind-Turnen, Kunstturnen, Leichtathletik, Frauengymnastik, Volleyball, Jedermannsturnen, Wandern, Skigymnastik; später kommen noch Aerobic und Step-Aerobic, Basketball sowie ein Lauftreff hinzu. Das Angebot an modernen Sportarten wird mit dem Bau einer Beachball-Anlage auf dem Schulgelände abgerundet; eine Kletterwand in der umzubauenden Straubenhardt-Halle war 2002 noch ein Wunsch.
  3. Dem starken inhaltlichen Wandel der Vereinsarbeit widerspricht auf den ersten Blick die gewachsene Kontinuität in der Führungsspitze des Vereins – es ist aber ein gutes Zeichen für einen lebendigen Verein, dessen Führungspersönlichkeiten die neuen aus der Gesellschaft kommenden Anforderungen sehen und dafür die geeigneten Angebote machen können. Nach 20 Jahren an der Spitze des Vereins wird Eberhard Koch, der mit zu den Wiedergründern nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte, im Jahre 1992 zum Ehrenvorsitzenden ernannt; mit Adolf Benda ist damit erst der fünfte Vereinsvorsitzende nach 1956 zu verzeichnen. Auch die zweiten Vorsitzenden wechseln nur wenig in den knapp fünfzig Jahren seit der Wiedergründung. Es sind dies für jeweils längere Zeiträume Liddy Rudolf und Kurt Roth. Auch Marga Schöninger und Otto Laupp sind die Personifizierung dieser Kontinuität. Seit der Wiedergründung sind beide als Mädchen-Turnwartin und als Oberturnwart im Verein aktiv und haben damit große Verdienste um den Verein erworben.

Breitensport oder Spitzensport ?

Diese Alternative hat den Turnverein Conweiler in den Siebzigerjahren lange Zeit umgetrieben. Einerseits wollte die Vereinsleitung immer, dass gute Turnerinnen und Turner auf der Gauebene aktiv werden sollten, andererseits konnte der Verein aus eigener Kraft nicht die für den Spitzensport erforderlichen personellen und sächlichen Voraussetzungen schaffen. Aus diesem Dilemma heraus entstand die „Kunstturnvereinigung Straubenhardt“, die unter der Abkürzung KTV Straubenhardt ein Markenzeichen des süddeutschen Kunstturnsportes geworden ist und gegenwärtig in der Ersten Kunstturn-Bundesliga turnt. Die Vereinsvorsitzenden der Turnvereine aus Conweiler, Feldrennach und Schwann schufen mit der Gründung der KTV Straubenhardt im Jahre 1975 die Grundlage für den Spitzensport mit ihren semiprofessionellen Trainings- und Wettkampfbedingungen und zeigten damit den erforderlichen Weitblick.

Für die Zeit nach 1977 liegt dem Chronisten eine breite Fülle von Materialien vor. Die Schriftführer pflegten ein sauberes Berichten aus den Sitzungen. Der Kassier verwendete seit vielen Jahren den Computer, um so die Kasse und den Mitgliederbestand in jeder Hinsicht auf dem neuesten Stand zu halten. Der Turnrat als das Gremium, in dem alle Abteilungen vertreten waren, erhielt eine zentrale Steuerungsaufgabe. Die Vereinssatzung wurde zwei Mal den neuen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheit angepasst. Hier auf Einzelheiten einzugehen, würde den Umfang der Vereinschronik sprengen. Deshalb wurden 2002 nur einige Grundlinien der Vereinsentwicklung aufgezeigt und die aktuelle Situation des 100-jährigen Vereins kurz beleuchtet.

Aufgaben des Turnvereins

Wie jeder Sportverein hat auch der Turnverein eine doppelte Aufgabenstellung: Einerseits soll er die Mitglieder sportlich fördern, andrerseits soll er die gesellige Komponente nicht zu kurz kommen lassen. Dieser zweifache Verpflichtung kommt der Turnverein Conweiler auch als Großverein mit über 700 Mitgliedern nach. Am Jahresgang der Aktivitäten hat sich nicht viel geändert; den gemeinsamen Ausflug aller Abteilungen wird man aber nicht mehr finden, weil der  große Verein so etwas nicht mehr ermöglicht. Die Abteilungen entfalten um so mehr ein Eigenleben. Hier kann sich der Einzelne einbringen und vieles gestalten – eine Entwicklung, die das Vereinsganze jedoch in den vergangenen Jahren etwas gefährdet hat.  Die jeweilige Abteilung ist als überschaubare Größe weit wichtiger als der Gesamt-Verein, der wegen seiner vielen Mitglieder unübersichtlich geworden ist. Dazu kommt, dass die Anforderungen an die Übungsleiter immer höher werden. Es ist wohl die Zeitspanne abzusehen, bis die Professionalisierung dieser Arbeit die meisten Abteilungen erfasst haben wird.

Ausblick an der Schwelle zum zweiten Jahrhundert

Dazu wird aus dem Grußwort des ersten Vorsitzenden Adolf Benda zum Jahrtausendwechsel –  auf der Homepage des TVC veröffentlicht – zittiert:

„Wie sieht überhaupt ein „qualifiziertes Sportprogramm“ aus ? Lassen wir den Markt entscheiden mit dem Ergebnis, dass diejenigen Gruppen überleben werden, die einen entsprechenden Zulauf haben? Können wir dem Trend folgen? Ist Turnen nur noch etwas für Spezialisten? Bieten wir wirklich Fitness und Fun…? Wer opfert heute noch seine Freizeit, um einen Verein zu managen? Wer opfert seinen Urlaub, um einen Übungsleiterlehrgang zu absolvieren?“

Auf diese und noch viele andere Fragen eine Antwort zu finden, das ist die Aufgabe nicht nur der Verantwortlichen im zweiten Jahrhundert des Bestehens der Turnvereins Conweiler 1902 e.V., sondern aller Mitglieder.

An der Schwelle zu diesem zweiten Jahrhundert des Turnvereins Conweiler 1902. e.V. bleibt eines fest zu stellen: Wenn es gelingt, den inhaltlichen Wandel des Turnvereines – von der Vereinsfamilie zum Familienverein – auch in der Verjüngung der Vereinsführung zu dokumentieren, und dafür sind gute Vorzeichen vorhanden, dann wird der Chronist vielleicht noch in fünfundzwanzig Jahren (dann 2027) wie vor fünfundzwanzig Jahren schreiben können:

Alles in allem für den Turnverein im Jahre 1977 ( resp. im Jahre 2027) eine gute Bilanz – zugleich eine Verpflichtung zum gemeinsamen Weiterarbeiten im Sinne des Turngedankens: Von „Frisch – fromm – froh – frei“ zu „Fitness –Fun – Sport – Geselligkeit“.

 

Jörg Bay